5 Fragen (7)

04.09.2023

Petra Pintscher

Den öffentlichen Diskurs anstoßen
Bereits 2015 haben die Vereinten Nationen 17 Nachhaltigkeitsziele vereinbart, mit klar definierten Zielen, die bis 2030 erreicht sein sollen. Mindestens sechs dieser Ziele haben einen direkten Bezug zur Pflanzengesundheit und Landwirtschaft. Das Forschungsprojekt TRR356 untersucht sowohl vorteilhafte (symbiotische) als auch negative (pathogene) Pflanzen-Mikroben-Interaktionen im Zusammenhang mit genetischer Diversität. Solche Interaktionen haben direkte Auswirkungen auf den Ernteerfolg und sind eine große Herausforderungen für eine nachhaltige Landwirtschaft. Dr. Dagmar Hann ist Teil des Teams, das zwölf Jahre lang forschen wird.

Frau Dr. Hann, was ist Ihre Aufgabe im Forschungsteam?

Dr. Dagmar Hann: Gemeinsam mit Professorin Dr. Gudrun Kadereit leite ich unser Projekt zur Öffentlichkeitsarbeit. Das Ziel unseres Projekts ist es, zu einem evidenzbasierten öffentlichen Diskurs rund um den Einfluss von Pflanzen-Mikroben-Interaktionen auf die Pflanzengesundheit im gesellschaftlichen Spannungsfeld beizutragen. Um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen, nutzen wir hierfür unterschiedliche Strategien und Medien. So bieten wir eine Reihe von Führungen inklusive experimenteller Ansätze zum Thema im Botanischen Garten München-Nymphenburg an, widmen eigens einzelne Areale des Botanischen Garten München Nymphenburg diesem Thema, organisieren Symposien und Plenardiskussionen und fertigen Infomaterialien wie Videoanimationen, Audios und Infographiken.

Warum braucht es dieses Forschungsprojekt?

Dr. Dagmar Hann: Auf jede Pflanze kommen Milliarden von Kleinstlebewesen, sogenannte Mikroben. Diese leben um, auf und auch in der Pflanze und erfüllen die unterschiedlichsten Aufgaben und Funktionen. Während manche Mikroben die Pflanzengesundheit stärken und im landwirtschaftlichen Kontext Erträge erhöhen können, so schaden andere dieser zum Teil erheblich. Je besser wir diese Interaktionen und deren Wechselspiel verstehen, desto mehr Möglichkeiten werden wir haben, eine ausreichende und gesunde Ernährung für uns Menschen sicherzustellen.

Und warum ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt zum Thema Pflanzengesundheit zu forschen?

Dr. Dagmar Hann: Um ausreichend und bezahlbare Nahrungsmittel produzieren zu können wurde in den letzten Jahrzenten stark auf chemische Unterstützung gesetzt. So werden große Mengen Pflanzenschutzmittel und Düngemittel ausgebracht, um gute Erträge zu erzielen. Der Einsatz dieser Chemikalien führt zu erheblichen Umweltproblemen. Doch eigentlich hält die Natur bereits alles vor. Pflanzen schützen sich über natürliche Resistenzen und ein ausgeklügeltes Immunsystem vor Krankheitserregern und verschiedene Mikroben unterstützen Pflanzen bei der Nährstoffversorgung. Durch selektive Züchtung, haben viele unserer Kulturpflanzen einen Großteil dieser Fähigkeiten verloren. Ich denke es ist an der Zeit, dass wir ihnen diese Fähigkeiten zurückgeben.

Das Projekt läuft zwölf Jahre lange. Was erhoffen Sie sich am Ende als Ergebnis?

Dr. Dagmar Hann: Für unser Öffentlichkeitsprojekt erhoffe ich mir, dass wir dazu beitragen können, die Wahrnehmung des Themas in der Öffentlichkeit zu erhöhen und zu einem offenen und evidenzbasierten Diskurs beizutragen. Vielleicht springt ja auch bei dem ein oder anderen ein wenig Begeisterung für diese faszinierenden Interaktionen über.

Es geht ja auch darum, Hungersnöte in der Welt zu minimieren. Wie wird die Landwirtschaft langfristig davon profitieren können?

Dr. Dagmar Hann: Pflanzenkrankheiten sind für ca. 40% des Ernteverlusts verantwortlich. Dazu kommen ungenutzte Potentiale positiver, mutualistischer Interaktionen mit Mikroben, die Erträge ohne die Notwendigkeit künstlicher Dünger erhöhen könnten. Würden wir hier die natürlichen Potentiale besser nutzen, könnten wir schädliche Einträge in die Natur reduzieren. Die Einträge von Chemikalien, wie Pflanzenschutzmitteln und auch Kunstdünger, können Böden dauerhaft schädigen und tragen zum Klimawandel bei. Daher plädiere ich zu einer Rückkehr zu natürlichen genetischen Ressourcen und einer optimalen Nutzung dieser.

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